Hier warten die Irren.

Freitag, 20. Juni 2008

Karsten vorm Kindergarten

Karsten kennt wahrscheinlich keiner. Aber es ist DER Karsten der 1985 in Sokengruch zum Mann wurde. das hier ist die Vorgeschichte.



Karsten – die frühen Jahre

„Willst du warmes Gurkenwasser zu deinem Zungenwursttoast trinken Karsten?“ Mama wischt sich die schmierigen Hände an ihrer hellblauen Frotteebluse ab als sie aus der Küche kommt. In der Hand hat sie ein großes Glas. Das Gurkenwasser dampft und an der Oberfläche schwimmen ein paar Senfkörner.
Karsten antwortet nicht. Er packt gerade eine Einlegesohle, die er aus Papas Sandale genommen hat in seine kunstlederne Kindergartentasche mit dem Biene Maja Motiv, für das er sich jeden Morgen schämt. Oli wird ihn wieder damit ärgern, "Mädchentasche, Mädchentasche" rufen und ihn dann in der Puppenecke, wo ihn Tante Ute nicht sehen kann, tüchtig verhauen. Doch er will trotzdem in den Kindergarten. Darum braucht er auch die Einlegesohle. Er will heute mit seinem Freund ein Rennschiff bauen. Er soll die Einlegesohle mitbringen, sein Kindergartenfreund ein Glas Nagellack. Damit wollen sie das Schiff anstreichen, wenn es erst fertig ist. Mama stellt das Glas auf den Tisch neben das Tellerchen mit dem Brot. „Karsten, komm beeil dich. Wir müssen gleich los.“ Sie lächelt ihn an. Der kleine Junge lächelt zurück. Seine Mama sieht heute wieder nicht gut aus. „Hast du Aua Mama?“ Mit seinem Fingerchen deutet er auf das geschwollene Auge seiner Mutter. Sofort greift sie sich an die Stelle. Als der Finger die Schwellung berührt, verzieht sie das Gesicht vor Schmerz. „Jaja“, antwortet sie, „Mama hat aua, Mama ist vor den Schlafzimmerschrank gelaufen…“ Sie weiß, dass sie dem Kleinen die Wahrheit nicht mehr lange verschweigen kann. Abwesend streicht sie dem Jungen über die blonden Haare und verschwindet wieder in die zwiebelmustertapezierte Küche. Da klingelt das Telefon, das auf dem furnierten Flurschränkchen steht.

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