Hier warten die Irren.

Mittwoch, 28. Oktober 2009

Aus dem geheimen Tagebuch (Föhr)









An der Nordseeküste

Du weißt ja, das ist schon länger her.
Aber einmal passierte mir folgende und wahre Geschichte:

5.April
Bettina Schulz, freie Mitarbeiterin beim NDR Fernsehen, hat angerufen. Sie will einen Beitrag über einen Rinderdichter (mich) drehen, der im Vorabendmagazin DAS (mir bis dahin unbekannt) gezeigt werden soll. Sie will, dass ich nach Föhr komme, denn da wurde mein Buch verlegt, Super! Ich hab ja bald Osterferien. Klar komme ich da hin.

   6. April
   Frau B., meine Ehefrau hat mir ausgerechnet, dass es total teuer ist, in den Osterferien nach    Föhr zu fahren. Ich bleibe also mal lieber hier in Herscheid und widme mich, wie geplant,    der Renovierung. Ich kaufe mir einen Spachtel und Tapetenlöser.

7.April
   Ich rufe heimlich Frau Schulz (NDR) an. NDR übernimmt zähneknirschend Anreise und    Spesen (!). Für einen Rinderdichter und einen Rinderdichtersohn. Schließlich will der NDR    ja nicht riskieren, dass das kommende Fernsehprogramm demnächst mal für drei Minuten    schwarz bleibt, weil der Beitrag nicht gefilmt werden kann. Tut mir leid für die    Gebührenbezahler.



8.April
   Frau B. Stimmt zu, dass ich mit unserem gemeinsamen milbenallergischen Sohn nach Föhr 
   fahre, um ihn dem Nordseeklima auszusetzen.

9.April
   Sandschüppchen und Förmchen gekauft

14.April
   Fähre nach Föhr gebucht (www.faehre.de) und Auto vollgetankt. Danke GEZ    Gebührenzahler. Ach ja, eine Wohnung brauche ich ja auch noch. Erstaunlicherweise gibt    es sogar noch eine.

15.April
Autofahrt ans Meer. Fast wie Urlaub. Ferienwohnung ist prima. Aber, der Kühlschrank ist leer. Das stand so nicht im Prospekt.

16.April
Meinen Verleger Harry B. getroffen und Inselrundfahrt gemacht. Ganz schön hart das Leben als reisender Rindergedichteautor. Natürlich muss ich mich ja noch schön auf die Dreharbeiten am nächsten Tag vorbereiten. Darum bin ich auch noch zum Inselfrisör gegangen um mir eine windbeständige Frisur verpassen zu lassen. Auf eigene Kosten, denn ich habe beschlossen die Frisur auch privat zu nutzen.

17. April
Das NDR Team kam auf die Insel: Redakteurin, Kameramann und Tonmann. Alle aus Hamburg, aber auf den ersten Blick trotzdem nett.
Nach der kurzen Begrüßung fuhren wir auf einen vorher schon ausgesuchten Bauernhof mit netten Schwarzbunten Kühen. Und der Bauer war auch nett..
Auf Geheiß der Redakteurin fortan durch den Kuhstall stapfen und dabei Kuhgedichte rezitieren, ohne dabei in Kuhfladen zu treten (ich hatte nur ein paar Schuhe mit bai). Die Kühe nahmen das mal so hin. Anschließend musste ich dann über die Kuhwiese stapfen und dabei Kuhgedichte rezitieren. Die Kühe fanden das mittlerweile blöd und hauten ab. Nur Kuh Anka nicht. Ich vermute heute, dass Kuh Anka was mit den Ohren hatte. So langsam fand ich das hin und her Stapfen auch etwas blöd. Immerhin ging es mir aber besser als dem Kameramann, denn die Kamera sah echt schwer aus und er musste die ganze Zeit rückwärts vor mir herlaufen. Der Tonmann auch. Der Tonmann wollte außerdem gerne, dass die Kühe muhen würden. Das wollten die Kühe natürlich nicht. Die Redakteurin wiederum wollte jetzt lieber, dass ich mich nun auf die Wiese hockte und so täte, als melkte ich Anka. Doch die Kühe und ich behielten einen Rest von Stolz und so muhten sie nicht grundlos und ich tat nicht so, als könne ich melken. Beides gefiel der Redakteurin nicht so recht, aber auf Einzelschicksale konnten wir nun keine Rücksicht mehr nehmen. Der Tonmann freute sich immerhin, dass er aufgrund des aufkommenden Windes einen Riesenpuschel auf sein Lieblinksmikrofon stecken durfte. Damit hatte er zugleich auch das Interesse der Kühe geweckt, die ihm nun nicht mehr von der Seite wichen (ohne allerdings zu muhen). Die Redakteurin war immer noch ein bisschen beleidigt und stellte mir nun zur Strafe für meine Bockigkeit (das Melken betreffend) etwa 30 Fragen rund um das Thema Kühe und Lyrik. Kamera und Tonmann wurden inzwischen ungeduldig, denn offenbar hatten sie geplant, den Tag auf der Insel Föhr, nach erfolgtem Dreh, mit ein wenig privater Erholung verbinden zu können. Das ahnte besagte Redakteurin, die eine ganz andere Arbeitsauffassung hatte. Immerhin gelang es ihr, die Dreharbeiten noch um eine gute Stunde zu verlängern, indem sie dem Kuheigentümer und meinem Verleger ebenfalls noch die 30 Fragen stellte. Ich weiß gar nicht genau, wie lang so eine Fernsehteamvideocassette ist, aber irgendwann war sie voll. So gut drei Stunden müssen wohl draufgepasst haben. Der Beitrag sollte so etwa drei Minuten lang werden. Ich glaube, da wird wohl die eine oder andere Szene nicht im TV zu sehen sein gewesen.

18. April

Am Sandstrand der wunderschönen Insel Föhr eine Riesensandburg mit dem Rinderdichtersohn gebaut. Die Sandburg war schön. Und im direkten Vergleich glaube ich, dass sie für die Menschheit von größerem Wert sein wird, als der Fernsehbeitrag.

19.April

Die Rückreise. Schade.. Es war echt schön auf Föhr. Die Sandburg war schon weg.
Die Flut hat sie mitgenommen.

Keine Kommentare: