Hier warten die Irren.

Sonntag, 24. August 2008

Im Krankenhaus

Als Mutter in der Kinderklinik.

Mika (5) war krank geworden. Wie immer am Wochenende, wenn die Kinderärztin nicht greifbar ist. Nein – immer am Wochenende kann man auch nicht sagen: Manchmal werden unsere Kinder auch an hohen christlichen Feiertagen krank, beispielsweise den letzten drei Weihnachtsfesten, oder gerne auch mal Ostern, zur Not tut es auch der Silvestertag. Als Faustformel lässt sich mit hoher Trefferquote formulieren: Unsere Kinder werden nur krank, wenn die Kinderärztin nicht da ist. Also auch wenn die Kinderärztin sich im Urlaub unter Palmen befindet.
Zum Glück gibt es ja die Kinderklinik in Lüdenscheid. Da kann man Feiertags prima hinfahren und in den allermeisten Fällen werden unsere Kinder auch gleich vor Ort geheilt. So war es dann auch fast schon Routine, als ich an einem Samstag Morgen mit dem schwer hustenden Mika in die Notaufnahme fuhr. Nur: Oh Schreck! Diese Mal sollte Mika stationär aufgenommen werden. Wahrscheinlich als Bonusbehandlung, beim 25. Erscheinen in der Notaufnahme. Da waren wir natürlich nicht gerade begeistert von, aber wenn Onkel Doktor das für notwendig hält, muss man dem wohl glauben. Er wird wohl lange genug dafür studiert haben. Also fügten wir uns dem Schicksal und wir wurden eingeliefert. Ratzefatz hatte Mika einen uringelben Frotteschlafanzug an und eine fette Nadel mit Schraubverschluss im Arm. Ich weiß gar nicht wem das unheimlicher war. Mika oder mir. Anschließend noch ein paar Fragebögen und die Frage was er denn so am liebsten zum Frühstück möge. Es sei nämlich so, dass sich die Kinder seit neuestem sich hier wohlzufühlen hätten. Na prima. Also wünscht sich Mika Nutella und wir werden auf ein Krankenzimmer geschickt. Damit die Kinder sich wohlfühlen, hat man den Raum bis unter die Decke mit weißen Fliesen gekachelt und die Betten sind aus Stahlrohrgittern zusammengebaut. So ähnlich wie in der Schimpansenaufzucht. Obwohl ich meine, dass sich die Bedingungen in der Schimpansenbehandlung in den letzten 20 Jahren dahingegen verändert haben, dass sie in anthroposophisch anmutenden Spielzimmern wohnen dürfen. Ein Telefon und einen Fernsehanschluss bekommen wir nicht. Es sind keine mehr übrig. Fairerweise muss man sagen, dass die Schimpansen auch weder über Fernseher noch über Telefone verfügen. Mit Sicherheit kann ich das aber nur über die Schimpansen behaupten, die ich im Fernsehen gesehen habe. Es mag auch da Ausnahmen geben. Dass es privat versicherte Menschenaffen gibt wage ich auszuschließen. Vielleicht habe die Vorteile in der Unterbringung. Bei privat versicherten Lehrern mit kranken Kindern jedenfalls gibt es da entgegen aller Vorurteile keine ungerechte Bevorzugung, die man spüren könnte. Na gut: Kein Fernsehen, kein Radio kein Telefon. Keine Verbindung zur Außenwelt. Aber dafür haben wir ja auch gewiss keine Zeit, denn Mika soll ja hier medizinisch rundumversorgt werden und alle Ärzte zusammen wollen auch ganz viel diagnostizieren. Da bleibt uns wohl kaum noch Zeit für die Nutzung der segensreichen Kommunikations- und Unterhaltungselektronik.


Leider hat diese Geschichte nie einen Schluss bekommen. Es ist ja eine wahre Geschichte. Die Wahrheit hat ja oft keinen Schluss, sondern oft ein offenes Ende.
Aber Mika wurde wieder gesund. Er wurde gesund obwohl wir das Krankenhaus nach einigen Tagen auf eigenen Wunsch und eigene Verantwortung verlassen haben. Ich musste das sogar unterschreiben. Das ist jetzt sicher 5 Jahre her. Ich hoffe, dass man mir jetzt nichts mehr anhängen kann. Aber sicher kann man da nicht sein.


Oder?

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